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Die Geschichte der Burg unter der Familie Reichlin- Meldegg und den nachfolgenden Besitzern.

Schon 1715 wird die Burg als „totaliter ruiniert“ bezeichnet. 1781 und nochmals 1802 bat Johann Christoph Anselm Reichlin von Meldegg den Konstanzer Bischof als seinen Lehensherrn, die Anlage vollständig abtragen zu lassen. Das Bauholz sollte (und wurde später auch) in Gundelfingen als Baumaterial  verwendet werden. 

Wenn das Stadtarchiv Münsingen schreibt .......

Doch auch nach Aufgabe der Burg als Adelswohnsitz war das Anwesen immer wieder bewohnt. Im 19. Jahrhundert richteten sich arme Handwerkerfamilien eine bescheidene Bleibe im Torbereich ein. Dies war möglich, da Freiherr Felix von Reichlin-Meldegg, königlich-italienischer Unterpräfekt in Lugo di Romagna, 1853 die Burgruine veräußert hatte. 1906 schließlich erwarben die Gebrüder Fritz und Hans Freytag die Burg und errichteten über dem Tor 1907-1908 eine „Sommerwohnung“, die bis heute nach baulichen Verbesserungen dauerhaft zum Wohnen genutzt wird.“

....... ist es sicher interessant, diesen Zeitraum etwas genauer anzusehen. Nachdem die Reichlin- Meldeggs die Burg aufgegeben hatten, hatte sie bis 1906 wechselnde Eigentümer, darunter auch einen Damian Erzberger, Verwandter des am 26.8.1921 ermordeten ehemaligen Reichsfinanzministers Mathias Erzberger.

(Mathias Erzberger wuchs in Gundelfingen auf, sein Elternhaus steht in Buttenhausen. Erzberger war der Urheber der Friedensresolution des Reichstages von 1917, ein scharfer und unbeugsamer Gegener des nationalistischen und militaristischen Denkens der Kaiserzeit und als Reichsfinanzminister in der Weimarer Republik verantwortlich für den Versuch einer Steuerpolitik, die man heute als sozial ausgewogen bezeichnen würde. 

Erzbergers gewaltsamer Tod machte ihn zum Märtyrer der deutschen Republik und verlieh ihm bei den linksstehenden Massen eine Popularität, die er zu seinen Lebzeiten nie genossen hatte." - Klaus Epstein, Mathias Erzberger und das Dilemma der deutschen Demokratie, S. 441.

"Fast noch erschreckender als der Erzbergermord selber war der schamlose Jubel, mit dem er von vielen Deutschen aufgenommen wurde."  Informationen zur politischen Bildung 109/110" : Der Beginn einer Blutspur, die der Faschismus im Lautertal hinterlassen hat und bis zur Vernichtung der Juden in Buttenhausen und dem Töten tausender Kranker und Behinderter in dem naheliegenden Grafeneck -  oder auf dem Weg dorthin durch die Autoabgase in den Transportbussen - führte.)


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Das „Rittergut“, dazu gehörten unter anderem der Schloßberg, der „Bauhof“ im Dorf, der Wald Wallenstetten und ein Teil des Fischwassers an der Lauter, war bei den Reichlin-Meldegg verblieben. Hans und Fritz Freytag waren ab 1906 die Eigentümer der Burg Niedergundelfingen nicht aber des umliegenden Landes. Zu dieser Zeit  war nicht bekannt, wo sich die Erben der Ländereien befanden. Etwa ab 1921 begann Fritz Freytag mit einer aufwändigen Suche nach den Erben. Er machte einen Baron Carlo Reichlin von Meldegg ausfindig, der als Arzt in Venedig lebte und gemeinsam mit seinem Bruder als Erbe in Frage kam. 

Die Grundstücke und Rechte waren für die Einwohner Gundelfingens und Dürrenstettens besonders wichtig, denn die beiden Orte  besaß nur wenige landwirtschaftlich / forstwirtschaftlich nutzbare Flächen. Bei einer Veräußerung des Rittergutes war zu befürchten, daß die bislang von den ansässigen Bauern genutzten Güter durch neue Eigentümer gesperrt würden.

Die Verhandlungen gestalteten sich jedoch recht kompliziert und langwierig, da die Erben in Italien lebten und nach italienischem Recht beide zu gleichen Teilen erben müssten, nach deutschem Recht das Rittergut aber „Fideikommiß“ war und somit nur an den ältesten der Brüder vererbt werden konnte.  Erst 1929 / 1930 wurde durch den Reichstag in Berlin und den Landtag in Stuttgart die bestehende Erbbeschränkung aufgehoben, die Brüder Reichlin- Meldegg konnten zu gleichen Teilen ihr Erbe antreten und verkauften durch die Vermittlung Freytags die Gründstücke sofort. 

Damit endete die über 900-jährige Geschichte des Adelsherrschaft Niedergundelfingen.


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Freytag hatte zwar private Käufer für das Land gefunden, die Gemeinde Dürrenstetten übte aber ihr Vorkaufsrecht aus und erwarb den größten Teil der Reichlin`schen Ländereien. 

Als Ausgleich für seine letztendlich erfolgreiche Vermittlung erhielt Freytag die Reichlin´schen Grundstücke am Burgberg und einen Teil des Fischwassers an der Lauter. Letzteres ging jedoch 1936 aufgrund öffentlichen Drucks "verloren", da die Brüder Freytag langjährige jüdische Freunde in ihrem Fischwasser angeln ließen,  was einige Mitbürger zu nachhaltigen Drohungen veranlasste und zum Verkauf führte.